Vom Glück des Scheiterns

Danke für die Verwendung des Begriffs Scheitern, schrieb ich kürzlich in einem Kommentar bei LinkedIn. Der ursprüngliche Beitrag drehte sich um die Kündigung im Job und was das mit einem macht. Ich schrieb weiter: Es führt in den Nebel, wenn viele Autor:innen oder Karriereberater:innen den Begriff Scheitern meiden, wie der Teufel das - Sie wissen schon. Ein Ziel wurde scheinbar nicht erreicht. Punkt. Das bedeutet Scheitern. Und das ist, einfach ausgedrückt, nicht schlimm.

Es geht damit nicht um ein jetzt-stell-dich-mal-nicht-so-an. Für Betroffene mag es sich schlimm anfühlen. Dann ist das so und für den Einzelnen SEIN richtiges Gefühl.

Doch Scheitern muss nichts Schlechtes sein. Nicht negativ. Chancen für Neues entstehen durch Kündigung und Co. Tote Pferde sollten nicht geritten werden. Sorry, aber dieses Bild musste sein.

Allerdings: Wenn in der Berufswelt und an anderen Orten Scheitern nicht von seinem schlechten Image loskommt, wie soll denn das der Einzelne dann schaffen?

Vielleicht hilft es, Ziele und Erwartungen nicht gar so hoch zu stecken. Scheitern als Gefühl entsteht so gar nicht erst, egal, ob negativ behaftet oder nicht. 🤔 Greift diese Logik aus Sicht der Psychologie?

 

Nun könnte man argumentieren, dass es sicher hilft, im Beruf, bei Herausforderungen, die Latte einfach von vorneherein immer sehr hoch, gar unerreichbar hoch, zu legen. Dieses hoch gesteckte Ziel wird dann vielleicht nicht erreicht, aber trotzdem ein höheres Ergebnis erzielt als mit einem niedrigen Ziel oder gar keinem.

 

Der Ansatz ist nachvollziehbar, und wenn er sich für jemand in dessen Situation gut anfühlt, ist er gut. Das mit dem die-Latte-einfach-höher-legen, heißt in der Konsequenz tatsächlich, ein Ziel so zu formulieren, dass ein noch besseres Ergebnis herauskommt - die Zielerreichung deshalb jedoch auch schwieriger wird.

Erlaubt mir ein Beispiel. Im Herbst 2022 möchte ich unbedingt wieder mal an einem großen Halbmarathon teilnehmen. Aus "unbedingt" , wird vielleicht "gerne". Auch der Halbmarathon kann zum 10km-Lauf werden. Joggen/Laufen könnte zum Gehen schrumpfen. Dieses Wort soll übrigens kein Scheitern ausdrücken. Selbst wenn, ist nicht schlimm. Denn was ich nächsten Herbst sportlich letztlich auf die Beine stelle, hängt doch von so vielen Faktoren ab, die ich nur bedingt beeinflussen kann. Beispiele dafür aufzuzählen, erspare ich mir. But: I'll do my very best.

Will sagen: Latte hoch legen, kann helfen. Ist manchmal sinnvoll. Niedriger geht immer. Hauptsache, ich habe überhaupt Ziele! Tschacka! 

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